Schulfeiertag mit Dr. Reinhard Erös – Kinderhilfe Afghanistan
Am heutigen Montag hat die Willigis-Schulgemeinschaft ihren Schulfeiertag begangen. Wir haben den Tag mit zwei Gottesdiensten begonnen: einer feierlichen Eucharistiefeier im Dom mit Pfarrer Dr. Volker Busch und einem evangelischen Advents-Gottesdienst in der Altmünsterkirche mit Pfarrer Bernd Schmidt. Musikalisch mitgestaltet wurde der Gottesdienst im Dom vom Oberstufenchor unter der Leitung von Doris Jüttner-Endres und einem Bläserensemble – am Keyboard begleitet von Norbert Krams.
Als Ehrengast und Redner durften wir Dr. Reinhard Erös begrüßen, der bereits im Dom in einer sehr packenden Ansprache den Schülerinnen und Schülern einen kurzen Einblick in sein Schaffen und Tun nach seiner Zeit als Offizier bei der Bundeswehr und als Arzt in Krisen- und Katastrophengebieten in der gesamten Welt gab. Es ist sicher nicht zu viel gesagt, wenn man schreibt, dass der Dom mit großem Interesse und einer ungebrochenen Aufmerksamkeit den Ausführungen des Mannes zugehört hat, der gemeinsam mit seiner ganzen Familie die „Kinderhilfe Afghanistan“, eine gemeinnützige Stiftung, aufgebaut hat – ohne einen Cent staatlicher Förderung. Mit Hilfe afghanischer Mitarbeiter haben Dr. Erös, seine Frau und seine fünf Kinder insbesondere in den Ostprovinzen Afghanistans zur Grenze nach Pakistan Friedensschulen, Mutter-Kind-Kliniken, Gesundheitsstationen, Waisenhäuser, Computerzentren und weitere Projekte entstehen lassen – mit der realistischen Perspektive für eine friedliche Zukunft des Landes am Hindukush.
Seine über Jahrzehnte gemachten Erfahrungen und sein engagiertes privates Tun, vor allem seine klaren, prägnanten Worte in Richtung verfehlter deutscher und europäischer Afghanistan-Politik fesselten im Anschluss alle Kolleginnen und Kollegen sowie Ehemalige beim Beisammensein in der Mensa. Dr. Erös gelang es mehrfach, ein nachdenkliches Staunen bei seinen Zuhörern auszulösen, wenn er ein uns unbekanntes Bild vom Bundeswehreinsatz in Afghanistan oder den weltpolitischen Folgen, die sich seiner Meinung nach aus den Folgen der Passivität europäischer Politiker nach dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan ergeben haben, zeichnet. Den westlichen Einsatz geißelt er hart und prägnant, er könne keine Strategie erkennen. Eines seiner Bücher heißt: „Tee mit dem Teufel“, und er beschreibt sein Vorgehen im Vortrag damit, dass er sich mit den lokalen Machthabern, mit Warlords und auch mit den Taliban arrangieren muss. In den schwer zugänglichen Bergregionen, in denen die Taliban zu Hause sind, haben Dr. Erös und seine Familie angefangen, Schulen zu bauen. Mittlerweile sind es 30 Schulen mit ca. 60.000 Schülerinnen und Schülern geworden, die von mehr als 1400 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden, sowie Schulkindergärten, ein Waisenhaus mit über 600 Waisenkindern, drei Ausbildungswerkstätte für 200 Mädchen zu Schneiderinnen, zwei Berufsschulen für Mädchen, eine Ausbildungswerkstatt für junge Männer zu Solar- und Photovoltaiktechnikern und 14 Computer-Zentren.
Es war ein beeindruckender, glaubwürdiger und über die Maßen authentischer Vortrag, der gezeigt hat, dass deutsche und europäische Medien sowie Politiker ein gänzlich anderes Bild von Afghanistan zeichnen als der Mann, der ohne Mauer- und Soldatenschutz, ohne staatliche Zuwendungen und mit einem übermäßigen persönlichen Engagement in den besonders gefährdeten und gefährlichen Ostprovinzen Afghanistans effektiv hilft. Der Impuls zu diesem Engagement kam von keiner anderen als von Mutter Teresa, der Dr. Erös persönlich in Indien begegnet ist. Ihre Worte: „Der Herrgott hat dich mit Herz, Hirn, Humor und Härte ausgestattet. Du brauchst alle vier“ hat er zu seinem Lebensmotto gemacht. Einen persönlichen Brief bewahrt er in seiner Brieftasche auf. Das Resultat dieser Begegnung ist eine humanitäre Hilfe, die direkt und ohne Umwege zu den Menschen in Afghanistan und Pakistan kommt, die Zukunftsperspektiven durch Schul- und Berufsausbildung sowie Jobs mit gerechter Bezahlung aufbaut. Und dies in einer wahrhaftigen Auseinandersetzung und Begegnung – auch mit den Talibans. Der Titel seines zweiten Buches: „Unter Taliban, Warlords und Drogenbaronen – eine deutsche Familie kämpft für Afghanistan“.
Michael Kuntz