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Fußball unser

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„Fußball unser“ klingt ein wenig nach Blasphemie. Und doch wird dieser „Sport“ – wenn dieser Begriff zu diesem ubiquitären Phänomen überhaupt noch passt – in den nächsten Wochen bei den meisten Menschen ganz offensichtlich an die Stelle dessen treten, den wir ansonsten in seinem Gebet mit unseren Bitten ansprechen.

Gott Fußball wird unser Leben und unseren Alltag in einer Weise beherrschen, von der Gott Vater eigentlich nur träumen kann. Sein Logo erscheint auf jedem denkbaren Werbeträger, in religiöser Inbrunst singen seine getreuen Fans seine Litaneien in den Zigtausende fassenden kathedralen Arenen, die niedere und höhere Geistlichkeit der FIFA veramtet seine Botschaft vom „11 Freunde müsst ihr sein“ und von den zu seiner höheren Ehre umgesetzten Milliarden baut sich manch Blatter ein Nest in x-fach Limburger Format. Dieser Gott ist manifest, und welch erlösende Wirkung geht von seinen Gottesdiensten aus, wenn nämlich in einer beispiellosen Sublimierung dessen, was Mannschaftssport grundsätzlich nun einmal ist, nämlich Gewaltausübung, was heißt  „Räume mit Körpern zu besetzen und zu blockieren“, seine Heiligen mit „Kraft, Strategie, Intelligenz, List und Schönheit“ das Runde dahin bringen, wo es hingehört, ins Eckige. Da könnte der liebe Gott ganz schön neidisch werden. So einfach ist es mit seiner Religion ganz offensichtlich nicht.

Aber auch wenn wir uns gerne von Gott Fußball verführen lassen, jeder weiß auch, was Fußball war, als er noch kein „Sport“ war. Jeder erinnert sich noch an seinen ersten Ball, seinen ersten Schuss, das erste Abspiel, das erste Tor. Fußball war damals das Einfachste der Welt. Um den Ball konzentrierten sich Erfolg und Scheitern, Können und Fehlen, Mit-anderen-Sein und Für-sich-sein, Mutlosigkeit und Hoffnung, Verzweiflung und Trost und steter Neubeginn: Nach dem Tor ist vor dem Tor. Und manchmal spürt man die Wahrheit noch heute.

Ähnlich aber geht es uns auch mit unserem anderen Gott. Auch den haben wir bei unserer ersten Begegnung anders erfahren als heute, intensiver, authentisch, weniger problematisch. Vielleicht sollten wir uns ebenfalls  an seine einfachen Botschaften von damals erinnern, um ihn wieder zu spüren: Dass er uns liebt. Dass wir mit ihm reden können. Dass er mit uns geht.

Wir wollen die Zeit der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien nutzen, über diesen Sport und den Sport an sich, über die beteiligten Menschen und uns als Akteure und Publikum, über das Gastgeberland wie seine Gäste nachzudenken. Vielleicht kann der eine Gott ja von dem anderen noch etwas lernen.

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